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Wandernde Dinge, migrierende Menschen - das schwäbische Erbe in Georgien

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Diese Webdoku entstand in einer Lehrredaktion am Institut für Medienwissenschaft und am Zentrum für Medienkompetenz (ZFM) der Universität Tübingen und im Rahmen des Projektes „Wandernde Dinge und migrierende Menschen: Aufbereitung des schwäbischen Erbes in Georgien für Wissenschaft und Öffentlichkeit“, durchgeführt vom Deutschen Seminar der Universität Tübingen in Kooperation mit dem Stadtmuseum Tübingen, der Staatlichen Ilia-Universität Tiflis und dem Nationalmuseum Tiflis bzw. dem Regionalmuseum Bolnisi.

Gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.

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Wenn man in der kleinen georgischen Stadt Bolnisi, der ehemaligen deutschen Siedlung Katharinenfeld, auf die Suche geht, findet man noch zahlreiche Einflüsse:

Häuser, die an schwäbische Dörfer erinnern, hier und da mal ein Nachname und wenn man genau hinhört, auch ab und zu ein schwäbisches Wort.

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1815 kam es in Indonesien zu einem schweren Ausbruch des Vulkans Tambora. Die klimatischen Auswirkungen in Europa waren verheerend. Hungersnöte, Kriegsfolgen und Armut waren wichtige Gründe für die großen Auswanderungswellen des 19. Jahrhunderts. Viele Menschen machten sich auf den Weg nach Amerika, um der Not zu entkommen. Einige emigrierten in das Russische Kaiserreich und gründeten zahlreiche Siedlungen – auch in Georgien, das zu einem bevorzugten Ziel südwestdeutscher Auswanderer wurde. Die Zusicherung von Land, Befreiung vom Militärdienst und Religionsfreiheit waren Gründe, sein Glück im Russischen Zarenreich zu suchen.

Doch wie sah das Leben in den Siedlungen aus?

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Auf der nächsten Seite sehen Sie eine Zeichnung einer deutschen Siedlung nahe Tiflis, Georgien. Dieses Dorf ist Ihr Ausgangspunkt für alle Kapitel.

Weiße Kreise, sogenannte Hot-Spots, markieren bestimmte Einrichtungen, wie das Rathaus, die Schule oder die Kirche.

Durch einen Mausklick auf einen solchen Hot-Spot gelangen Sie zum jeweiligen Kapitel. Durch die Kapitel können Sie wie gewohnt scrollen.

Über einen Pfeil am linken Rand gelangen Sie innerhalb der Kapitel jederzeit zurück zum Dorf.

Und nun viel Spaß!

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Die Reise der Kaukasiendeutschen begann mit der Veröffentlichung des Einladungsmanifestes der Zarin Katharina II. am 22. Juli 1763. In den Jahren darauf gründeten deutsche Siedler erste Siedlungen, die zu ihrer Heimat wurden. Auf die deutsche Bevölkerung wartete in Russland und später in der UdSSR eine tragische Geschichte, die 1941 mit der Deportation aus ihren Heimatorten und der unmenschlichen Arbeit in den Zwangslagern begann.

Nachdem die UdSSR den Kriegszustand mit Deutschland Anfang 1955 für beendet erklärt hatte, begannen die Verhandlungen um eine Wiederaufnahme diplomatischer und wirtschaftlicher Beziehungen zwischen den beiden Ländern. Die Sondersiedlungen wurden Ende 1955 aufgehoben. Die deutsche Bevölkerung durfte den Ort ihres Gewahrsams allmählich verlassen.

Für viele Kaukasusdeutschen bedeutete dies die Rückkehr in die Heimat ihrer Vorfahren – Deutschland.

Video: Creative Commons

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„Der 23. August ist der Europäische Gedenktag für die Opfer totalitärer Diktaturen, darunter fällt auch das tragische Schicksal der Kaukasusdeutschen […]. Dieses Schicksal wird allmählich als Teil der deutschen Erinnerung wahrgenommen.“

„Man kann an diesen Orten viel über die Bevölkerungswanderungen, freiwillig oder erzwungen, des 19. und 20. Jahrhunderts lernen. Deutschland hat sich in den letzte 200 Jahren von einem Auswanderungs- zu einem Einwanderungsland gewandelt. Heute möchten viele Georgier nach Deutschland auswandern. Die historischen Orte sind Spuren dieser Bewegungen und bedeuten, dass ,Heimat‘ nicht etwas Statisches, sondern dynamisch Erschaffenes ist.“

Oliver Reisner, Professor für European & Caucasian Studies

Video: Eva Oswald

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„Für die Georgier ist das deutsche Erbe eine Brücke, die sie mit Europa verbindet, zu dem sie endlich als gleichberechtigter Teil dazugezählt werden möchten. Der georgische Staat hat in den letzten Jahren erhebliche Mittel aufgewandt, dieses Erbe zu inventarisieren und teilweise zu restaurieren. […] Für die Nachfahren ist es Teil einer mit jeder weiteren Generation verblassenden Familiengeschichte. […]

Mir erscheint es heute wichtig, diese Geschichte als Teil der deutschen Geschichte anzuerkennen und damit auch die Russlanddeutschen differenzierter wahrzunehmen, als dies bisher der Fall gewesen ist. Sie haben schließlich ihre Heimat im Ausland gefunden und bisher in ihrer Erinnerung wachgehalten […].“

Oliver Reisner, Professor für European & Caucasian Studies

Zu sehen: Zweisprachiges Denkmal (georgisch/deutsch) für die vertriebene deutsche Bevölkerung und ihre Opfer in Bolnisi.


Foto (Hintergrund): Freeimages
Foto (Denkmal): Creative Commons, Änderung: Färbung

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Nach Kriegseintritt der Sowjetunion am 22. Juni 1941 begann das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR mit den Deportationen. Für die Deutschen bedeutete das Zwangsumsiedlung oder Einweisung in Arbeitslager in Kasachstan und Sibirien. 

Die Deportationsgeschichte der Kaukasiendeutschen wird anhand der Schicksale der beiden Frauen Frieda Mayer-Melikowa und Diana Kessner geschildert.

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Die Wende in der sowjetischen Innenpolitik und die zunehmende Abkapselung vom Ausland führten zu einer Verschärfung der politischen Maßnahmen in der UdSSR. Der Spionageverdacht ließ nahezu jeden Deutschen zu einem potentiellen Agenten der Gestapo oder der Abwehr werden. Der Druck auf die deutsche Bevölkerung mündete in Verhaftungen und Erschießungen wegen ‚erwiesenen‘ Landesverrats. Die Deutschen standen unter Generalverdacht.

Foto (Hintergrund): Freeimages
Foto (Offiziere): Creative Commons

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Im Jahr 1935 begannen die ersten Umsiedlungen der deutschstämmigen Bevölkerung in sogenannte Sondersiedlungen nach Kasachstan. Dort sollten sie als billige Arbeitskräfte dienen, um Stalins Programm des wirtschaftlichen Aufbaus der Sowjetunion voranzubringen.

Foto (Hintergrund): Freeimages
Foto (Zug): Kackad

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Die sogenannten stalinistischen Säuberungen hatten ihren Höhepunkt in den Jahren 1937 und 1938 – den Jahren des ‚Großen Terrors‘. Nachdem Stalin seine innerparteilichen Rivalen vernichtet hatte, begann im Sommer 1937 der ‚Große Terror‘ gegen vermeintliche Verräter und Abweichler. Darunter fielen auch die Deutschen, die Opfer gezielter ‚Operationen‘ wurden. Die sowjetische Strafjustiz verurteilte in diesen zwei Jahren 1.345.000 Personen, von denen 681.692 erschossen werden.

Foto (Hintergrund): Freeimages
Foto (Stalin): Wikipedia   

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Foto (links): Wikipedia
Foto (rechts): Wikipedia

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Die Zeit in den Lagern war von schwerer Arbeit und Hungersnöten geprägt. Wer es nicht schaffte, die geforderten Mengen herzustellen oder bei der Arbeit zusammenbrach, wurde bestraft.     

Foto (Hintergrund): Freeimages
Bild: Viktor Hurr
   

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Nach dem Überfall der deutschen Wehrmacht am 22. Juni 1941 verschärfte sich die Lage für die Deutschen erneut. Die Angst der UdSSR vor Spionage und feindlichen Fallschirmjägern verstärkte sich zunehmend und ließ die deutsche Bevölkerung noch stärker unter Verdacht geraten, Agenten der Gestapo oder der Abwehr zu sein.

Foto (Hintergrund): Freeimages
Foto (Soldaten): Creative Commons

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Unmittelbar nach dem deutschen Angriff begann die Zwangsumsiedlung der gesamten deutschen Bevölkerung in der Sowjetunion. Etwa 900.000 Russlanddeutsche wurden entsprechend dem Erlass des Obersten Sowjets vom 28. August 1941 innerhalb weniger Wochen aus den europäischen Teilen der Sowjetunion nach Osten, vorwiegend Sibirien, Kasachstan und an den Ural, deportiert. Die Sowjetunion wollte mit der Umsiedlung eine Zusammenarbeit der Russlanddeutschen mit Nazi-Deutschland verhindern.

Foto (Hintergrund): Freeimages
Foto (Nachrichten): Creative Commons

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Im gleichen Jahr siedelte Stalin alle Kaukasiendeutschen, die nicht mit Einheimischen verheiratet waren, nach Kasachstan und Sibirien um. Nach Beschluss des staatlichen Verteidigungsausschusses vom 8. Oktober 1941 sollten 23.580 Menschen aus Georgien, 22.741 Menschen aus Aserbaijan und 212 Menschen aus Armenien nach Kasachstan umgesiedelt werden.

Foto (Hintergrund): Freeimages
Foto (Auflistung): EINUNG - Assoziation der Deutschen Georgiens

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Frieda Mayer Melikowa wurde 1906 als Tochter eines deutschen Pastors in Tiflis geboren.
Ihre Lebensgeschichte spiegelt eines der vielen Schicksale der Schwaben in Georgien wider, die mit Beginn des stalinistischen Terrors aus ihrer neuen Heimat deportiert wurden.
Zu Unrecht beschuldigt und verhaftet, war Frieda jahrelanger Zwangsarbeit, Hunger und Todesangst ausgesetzt.


„Einer der Hauptgründe, weshalb ich am Leben blieb, war, daß ich keine Folterung durchmachen mußte. Davor blieb ich bewahrt.“

Zitat aus: Mayer Melikowa, Frieda. Ein Leben zwischen den Mühlsteinen der Politik. Selbstverlag, 1977.
Foto: Kathrin Feser

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Frieda Mayer Melikowa wird am 16.08.1936 verhaftet und in das NKWD (russisch für: Volkskommissariat für innere Angelegenheiten) gebracht.
Das NKWD wurde 1934 als sowjetisches Unionsministerium gegründet und als Ressort der Geheimpolizei genutzt. Frieda weiß nicht, warum sie verhaftet wurde. 

Bild: Viktor Hurr

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Das NKWD (Narodnyj kommissariat wnutrennich del) war das wichtigste Ressort für die Geheimpolizei der Sowjetunion.
Frieda wird im Untersuchungsgefängnis des NKWD immer wieder aufs Neue verhört.  

Foto: Kirill Pershin

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Später wird Frieda in ein anderes Gefängnis verlagert, wo sie auf ihre Schwester Ella trifft.   
 

„Das war für uns, wenn man so sagen darf, eine schöne Zeit. Wir durften zusammen sein. Die Wärterin war auch so menschlich, daß sie es zuließ, daß wir Schwestern zusammen waren. Wir mußten wohl auf einer Bettstelle schlafen, aber das hat uns nicht zurückgeschreckt. Wir waren zusammen.“  
 
 
Sie wird zu acht Jahren im Lager verurteilt.

Zitat aus: Mayer Melikowa, Frieda. Ein Leben zwischen den Mühlsteinen der Politik. Selbstverlag, 1977.

Foto: Kirill Pershin

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Video: Nik Rijavec

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Mit dem Kriegsausbruch verschärft sich die Situation in den Lagern.

„Eines Tages kam vom Männerlager die Meldung herüber, daß wir morgen eine große Neuigkeit erfahren sollten: Der Krieg war ausgebrochen. Große Aufregung, Verwirrung. Was wird mit uns Deutschen geschehen? Auf die Antwort auf diese Frage brauchten wir nicht lange zu warten. Eine Anzahl Deutscher, Usbeken und auch Russen […] wurden zur Etappe aufgerufen und fort ging es. […] Nur wohin? Einmal hielt der Zug in der Nacht auf einer ganz öden Stelle an. Kein Licht war zu sehen.    ‚ Aussteigen!‘, hieß es. Ich dachte, sie werden uns gleich alle niederschießen. Wir wurden umgeladen. Es wurde immer kälter.“

Zitat aus: Mayer Melikowa, Frieda. Ein Leben zwischen den Mühlsteinen der Politik. Selbstverlag, 1977.

Video: Nik Rijavec

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In der Nähfabrik des Lagers muss Frieda Tag und Nacht harte Arbeit leisten. Frierend und hungernd versucht sie, die vorgegebenen Mengen zu produzieren, um eine Portion Brot zu erhalten.

Foto: Pixabay

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Brief und Übersetzung: Gulag-Archiv – Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur
Foto (Hintergrund): Goodfreephotos

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Im Jahre 1944 wird Frieda Mayer Melikowas Lagerhaft um weitere acht Jahre verlängert, da sie Menschen im Lager versammelt und agitiert haben soll. Sie selbst wusste nie, warum sie erneut verurteilt wurde.   
In dieser Zeit verliert sie immer mehr die Hoffnung, jemals wieder in Freiheit leben zu können.  
 
„Als ich meine zweiten acht Jahre im Lager bekommen habe, da war ich geschlagen. Ich konnte ein ganzes Jahr nicht zu mir kommen, ich wußte nicht woher ich die Kraft nehmen sollte weiter zu leben. Es hat mir nichts geholfen. Bis das dann doch überwunden war.“    
„In dieser Zeit konnte ich mich das ganze Jahr nicht zurecht finden. Mir war alles gleichgültig.“ 

Zitat aus: Mayer Melikowa, Frieda. Ein Leben zwischen den Mühlsteinen der Politik. Selbstverlag, 1977.
Video: Baaniooo  

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Der Glaube hilft Frieda während ihrer Haft immer wieder, die Menschlichkeit nicht aus den Augen zu verlieren.

„Wir waren dankbar für das, was wir hatten, wir waren  

bescheiden. Mein Vater sagte immer, in jedem Menschen  
steckt ein Fünkchen Gott. Und wir haben diese Toleranz ins  
Herz gelegt bekommen. Ich kann nicht anders, ich muß in  
jedem den Menschen achten. Ich kann nicht grob mit den  
Menschen sein. Aber, das brauchte ich nicht im Gefängnis zu  
lernen, das habe ich zu Hause gelernt.“

Zitat aus: Mayer Melikowa, Frieda. Ein Leben zwischen den Mühlsteinen der Politik. Selbstverlag, 1977.
Foto: Jürgen Damen

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Zeichnungen: Kathrin Feser
Foto (Hintergrund): Pixabay

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„Nach Hause durfte niemand.
Die meisten hatten ja auch kein 'Haus' mehr.
Diesen Menschen gehörte auch ich an.
Die Mutter nicht mehr am Leben, die Schwestern in Kasachstan, mein Mann war nicht mehr mein Mann, mein Kind war im Kaukasus und schon erwachsen. Ob ich es treffen sollte? […] Allerhand Gedanken gingen mir durch den Kopf.“  

 
„Bald konnte auch ich mich bereitmachen, Sibirien zu verlassen. Vierzehn Jahre habe ich hier verbracht, elf Jahre in Gefangenschaft und drei Jahre in relativer Freiheit. […] Es war 1954, als ich Sibirien verlassen konnte.“

Zitat aus: Mayer Melikowa, Frieda. Ein Leben zwischen den Mühlsteinen der Politik. Selbstverlag, 1977.

Foto: Gulag-Archiv – Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur

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„Nur wenige nahmen mich mit offenem Herzen auf. Mißtrauen und Mißachtung uns Gewesenen gegenüber war die Einstellung der meisten. Als ich das auch von meinen nächsten Angehörigen zu spüren bekam, reifte in mir die Überzeugung, daß es meine moralische Pflicht ist, über meine Familie und mich selbst zu erzählen.“

Zitat aus: Mayer Melikowa, Frieda. Ein Leben zwischen den Mühlsteinen der Politik. Selbstverlag, 1977.
Foto: Gulag-Archiv – Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur

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Diana Kessner kam 1928 in Tiflis zur Welt.

Innerhalb weniger Wochen nach dem Erlass über die Zwangsumsiedlung der Kaukasiendeutschen wurden die Kessners zusammen mit anderen Deutschen in Viehwaggons nach Kasachstan deportiert und anschließend zur Zwangsarbeit verpflichtet.

In ihrem Buch Die Wege des Lebens schildert sie die ergreifende Umsiedlungsgeschichte ihrer Familie, ihr Leben in der Sondersiedlung in Kasachstan, ihre Sehnsüchte nach ihrem Heimatland und die halblegale Rückkehr nach Georgien.

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Nach ihrer Rückkehr aus der Sondersiedlung absolvierte Diana Kessner das staatliche Theaterinstitut und arbeitete anschließend elf Jahre als Kulturdirektorin am Flughafen und immer wieder als Journalistin. Später gründete sie das Kostümmuseum und arbeitete dort als Direktorin.

Diana Kessner veröffentlichte insgesamt sechs Bücher, von denen sogar einige ausgezeichnet wurden. Ihre letzten Lebensjahre verbrachte sie in Kanada, wo sie auch verstarb.

Doch erst im hohen Alter fühlte sich Diana zu ihren deutschen Wurzeln hingezogen. Deutschland besuchte sie das erste Mal mit siebzig Jahren.

Foto (Kessner): EINUNG – Assoziation der Deutschen Georgiens

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Zu Beginn gingen die Schüler und Schülerinnen in eine Sonntagsschule. Dort wurden ihnen zunächst Predigten vorgetragen und im Verlauf entwickelte sich daraus ein Lese- und Schreibunterricht. Der Unterricht wurde von Pfarrern oder Gastlehrern gehalten. In der Gründungszeit mussten die Siedler die Lehrer selbst finanzieren, deshalb konnte selten qualifiziertes Lehrpersonal eingesetzt werden. Später kam die Gemeinde für die Schulkosten auf, sodass der Besuch einer Schule für mehr Kinder möglich war. Die Verwaltung der Schule übernahm der Schulpastor und ein Lehrer, wobei der Pastor befähigt war zu unterrichten und der Lehrer einen Gottesdienst abhalten durfte.

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Foto: WELT.de

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Die deutschen Siedler lebten in Georgien zwar vermehrt in eigenen, kleinen Siedlungen, jedoch entwickelte sich auch in der Hauptstadt Tiflis ein deutsches Viertel. Dadurch kam es in vielen Lebensbereichen zum Zusammentreffen verschiedener Nationalitäten, zum Beispiel auch in der Schule. Die Kinder wuchsen von klein auf gemeinsam auf.

Foto (Karte): Giorgi Balakhadze, Änderungen: Markierungen

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                              Foto (Holz): Pixabay

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                              Foto (Holz): Pixabay

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1854 errichteten die Deutschen in der Kolonie Katharinenfeld den sogenannten „Dom“, in dem sie bis 1935 ihre Gottesdienste abhielten. In diesem Jahr wurde das Kirchengebäude geschlossen und später zur Turnhalle umfunktioniert. Spenden aus Deutschland ermöglichten der Gemeinde im Jahr 2007, ein neues Gemeindehaus zu beziehen, in dem man sich jeden Sonntag zum Gottesdienst trifft. 

Foto: Heike Schulz

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1946 wurden deutsche Kriegsgefangene in Tiflis dazu gezwungen, die Evangelisch-Lutherische Peter-und-Paul-Kirche abzutragen. Nach Aufhebung des Versammlungs-
verbots wurde dort von 1995 bis 1997 die Versöhnungskirche auf einem ehemaligen deutschen Friedhof errichtet. Hier trifft sich die Gemeinde jeden Sonntag um 11 Uhr zum Gottesdienst, der in drei Sprachen gehalten wird.

Die Kirche in Tiflis bietet noch viele weitere Möglichkeiten, am Gemeindeleben teilzunehmen: Sonntagsschulen, Kindergottesdienste, Bibelstunden, Konfirmandenunterricht, einen Kirchenchor und verschiedene Frauen-, Männer- und Jugendkreise.

Foto: Eva Oswald

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Auf Grund der Empfehlung eines Schulfreunds kam unter anderem auch der Schweizer Baron Alexander von Kutzschenbach nach Georgien. Dort gründete er sowohl im Bezirk Bortschalo als auch in dem Dorf Elfai bei Tiflis jeweils eine Käserei, die auf traditionelle Schweizer Art Schweizer Käse produzierten. Das Unternehmen wuchs schnell und so arbeiteten 1870 nicht nur 15 lokale Arbeiter, sondern auch fünf Schweizer Käsemeister für Kutzschenbach.

Der so produzierte Käse war von exzellenter Qualität. Deshalb wurde der Käse sogar einmal von einer Moskauer Messe verbannt: Es gab Zweifler, die meinten, dass es sich um einen Betrug handeln müsse, da sie nicht glauben konnten, dass so ein hochwertiger Käse aus solch einem Land stammen könne.

Die Produktion von Schweizer Käse breitete sich schnell in ganz Georgien aus. Zuerst waren es eigentlich nur die eingewanderten Schweizer Fachleute, die immer mehr Molkereien in Betrieb nahmen, doch dann folgten auch lokale Unternehmer. Der Käseverkauf war nicht nur auf dem Binnenmarkt ein voller Erfolg, sondern auch in Sankt Petersburg und Moskau. Die meisten der im Jahr 1913 bestehenden 69 Käseherstellungsbetriebe im südlichen Kaukasus lagen in Georgien.

Alexander von Kutzschenbach trug außerordentlich zum landwirtschaftlichen und industriellen Aufschwung des südlichen Kaukasus bei. Deshalb bekam er nicht nur staatliche finanzielle Unterstützung für seine verschiedenen Unternehmen, sondern sogar einen Grafentitel mit Erbrecht verliehen.

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Die nach Georgien gekommenen Schwaben betrieben unter anderem viel Weizen- und Getreideanbau. Da auch gut ausgebildete Bäcker zu den Kolonisten zählten, wurden viele europäische Backwaren hergestellt. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Deutschen schnell auch durch ihr abwechslungsreiches Brot und Gebäck in Georgien bekannt wurden.

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Schon vor der Ankunft der Schwaben in Georgien hatte die georgische Bierbrauerei eine lange Tradition. Jedoch beschränkte sie sich bis dahin ausschließlich auf die Bergregionen, denn dort konnte aufgrund der landschaftlichen Bedingungen kein Wein angebaut werden. Nach der Ankunft der Deutschen verlagerte sich die Kunst des Bierbrauens hingegen nach und nach auch mehr in die Städte.

Der nach Georgien gekommene Schwabe Theodor Salzmann gründete die erste Bierbrauerei in Neu-Tiflis. Zu deren Erfolg trug unter anderem auch der kaukasische Generalgouverneur Alexei Jermolow bei: Er war nicht nur Kunde, sondern drängte zur Unterstützung des jungen deutschen Unternehmens seine Untergebenen dazu, die Brauerei zu besuchen.

Es dauerte nicht lange, bis weitere Deutsche in das Biergeschäft einstiegen und selbst Brauereien eröffneten. Unter anderem auch Friedrich Wetzel, dessen Bier 1882 auf einer russischen Messe sogar eine Medaille für die beste Produktion verliehen bekam.

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Die Weinproduktion nahm in der Geschichte der deutschen Einwanderer eine wichtige Rolle ein. Vor allem im ehemaligen Katharinenfeld trug sie enorm zur Entwicklung und damit auch zum wirtschaftlichen Aufschwung der Siedlung bei. Hier begannen die Siedler im Jahr 1820, mit verschiedenen Rebsorten, die sie von der lokalen Bevölkerung gestellt bekamen und welche sie mit der Zeit vermehrten, Wein herzustellen. Obwohl viele von ihnen schon eigene Erfahrungen in der Weinherstellungen vorweisen konnten, bildeten sie sich zusätzlich durch Besuche bei georgischen Winzern weiter. Somit vermischten sich die Weinherstellungstechniken der beiden Länder. Für den Transport und die Lagerung des Weins nutzten die Deutschen jedoch ihre eigenen traditionellen Weinfässer.

Der Weinbau in Katharinenfeld wuchs schnell weiter, sodass die private Wirtschaft bald nicht mehr dazu in der Lage war, allein die Weinproduktion zu stemmen. Deshalb wurde 1908 eine Winzergenossenschaft, auch „Union“ genannt, gegründet. Sie gewann immer mehr neue Mitglieder und Weinberge dazu und wurde so zu einem einschlägigen Wirtschaftsfaktor in Georgien. Bis zum Jahr 1930 wurden so insgesamt schon 30 bis 40 Millionen Liter Wein hergestellt.

Außerdem ist überliefert, dass ein deutscher Winzer namens Schall in einem georgischen Wald eine neue Rebsorte, die nach ihm benannte Schalltraube, entdeckt und kultiviert hat. Aus dieser Traube wurde ein dunkler roter Wein hergestellt, der in Georgien unter dem Namen Schala bekannt wurde.

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Das verlobte Paar soll sich in der Stille und mit ernsten Gebeten auf ihren Hochzeitstag vorbereiten. Wenn Freunde und Verwandte zur Feier des Hochzeitstages eingeladen werden, sollen diese nicht im Essen und Trinken, sondern im Lobe Gottes und in erbaulichen Gesprächen sich erfreuen. Deshalb soll der Geistliche mitsamt den Mitgliedern des Kirchenkonvents streng darauf achten, dass solche Hochzeitstage nicht durch ausgiebige Feiern und üppige Gastmahle entheiligt werden. Sollte dies aber dennoch geschehen, so sollten sich wahre Christen von solchen Feiern schnell entfernen, denn widerspenstige Personen werden vom Kirchenkonvent bestraft und zur Besserung ermahnt.

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Kamera: Heike Schulz, Sara Bangert

Bilder im Video: Allmendinger, Ernst. Katharinenfeld. Ein deutsches Dorf im Kaukasus. Selbstverlag, 1989.

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„[... d]ie ‚[K]aukasische Post‘, deren erste Nummer wir heute unseren Lesern darbieten, soll zunächst ein vermittelndes Organ werden für unsere im Kaukasus zerstreut lebenden Landsleute.
Die Wahrung unserer gemeinsamen Interessen ist unsere Hauptaufgabe und wir werden denselben stets die eingehendste Beachtung zuwenden.
Was unsern Landsleuten, seien sie Kaufleute, Gewerbetreibende, Handwerker oder Ackerbauer, not tut, soll in unserm Blatte besprochen und erwogen werden ...“

Foto: DiFMOE, Änderungen: Farbton, Zuschnitt

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... würden wir uns gerne vorstellen. Mein Name ist Arthur Leist, meines Zeichens verantwortlicher Chefredakteur und deutscher Schriftsteller aus Georgien. Ein Abbild meiner Wenigkeit finden Sie auf der linken Seite ...

... und ich bin Unternehmer Baron Kurt von Kutzschenbach, ein Schulfreund von Werner von Siemens und der Herausgeber dieses wunderbaren Blattes. Mein Antlitz ist auf der rechten Seite zu sehen.

Gemeinsam haben wir die erste und einzige deutschsprachige Zeitung für uns Kaukasiendeutsche im Nordkaukasus, Georgien, Aserbaidschan und Armenien geschaffen – die Kaukasische Post!

Foto (Hintergrund): DiFMOE; Änderungen: Zuschnitt, Farbton
Foto (Leist): EINUNG - Assoziation der Deutschen Georgiens, Änderung: Farbton
Foto (Kutzschenbach):  Baron Alexander von Kutzschenbach Nachkommen e.V., Änderung: Farbton

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Darauf können wir besonders stolz sein. Sicher, wir hatten einige Schwierigkeiten. Zwei Mal wurde unsere schöne Zeitung durch die Obrigkeit eingestampft. Erst durch die Polizei kurz nach Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 und dann, nach vierjähriger Pause, gleich nochmal durch das Georgien besetzende Sowjetregime 1922. Danach war erstmal Schluss für unsere KaPost.

Wir hatten auch mit inneren Schwierigkeiten zu kämpfen: Der Kampf um Leser, aber auch um Mitarbeiter gestaltete sich schwierig. Nicht immer konnten wir uns unseren journalistischen Aufgaben widmen, ohne bei irgendwem anzuecken. Und Geldprobleme waren allgegenwärtig.

Foto: DiFMOE, Änderung: Farbton, Zuschnitt

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Aber wir haben es geschafft – die KaPost gibt es immer noch! 1994 wurde sie unter der Trägerschaft von „CUNA Georgica – Gesellschaft zur Förderung der Kultur und der Natur in Georgien“ erneut ins Leben gerufen. 2012 wechselte sie dann zum vom deutschen Journalisten Rainer Kaufmann gegründeten Verlag „KAROmedia“ in Tiflis. Und hier erscheint sie auch heute noch regelmäßig alle zwei Monate. Aber genug der Erzählungen! Lassen Sie sich nun in unsere Zeit entführen ... mit den bewegendsten, komischsten und unterhaltsamsten Geschehnissen aus dem Kaukasus, den Siedlungen und aus aller Welt. Und der Spaß darf dabei natürlich auch nicht zu kurz kommen!




Foto: DiFMOE, Änderung: Farbton, Zuschnitt

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Katharina Dück ist Sprachwissenschaftlerin am Mannheimer Institut für Deutsche Sprache. Im Rahmen des Projekts „Deutsch in der Welt“ untersucht sie den Zusammenhang von Sprache und Identität heute lebender Kaukasiendeutscher. 2017 sprach sie mit über 50 Kaukasiendeutschen der Erlebnis- und Nachkommengeneration.

Dabei hat sie nicht nur diejenigen befragt, die hier in Deutschland leben, sondern hat auch deutsche Sprecherinnen und Sprecher in Aserbaidschan und Georgien gesucht – und tatsächlich gefunden.

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In Georgien angekommen, hat Katharina Dück sich die Situation vor Ort angeschaut. Über 120 Jahre lang lebten dort Schwaben aus Württemberg abseits vom deutschen Sprachraum und pflegten, umgeben von anderen Kulturen, ihre eigene, mitgebrachte Sprache.

Katharina Dück hat viele Fragen: Wie hat sich die Sprache entwickelt? Gibt es heute noch eine Art Sprachinsel, also Sprecherinnen und Sprecher, die auf Deutsch miteinander kommunizieren? Oder leben die Personen isoliert voneinander? 

Es ging Katharina Dück in ihrer Forschung darum, Sprachkompetenzen zu erfassen: Wie sind die Menschen mit der Sprache umgegangen? Wurde das Deutsche, gerade durch die Sprachrepressionspolitik in der Sowjetunion, unterdrückt?










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